Schnelltests zur Selbstanwendung durch Schülerinnen und Schüler

Auf Grund verschiedener Anfragen, ob von COVID-19 Antigen-Tests für Schülerinnen und Schülern eine Gesundheitsgefahr ausgehen kann, bezieht die Unfallkasse wie folgt Stellung:

Das Bild zeigt einen Antigen Schnelltest

Bild: pixabay.com/Peggychoucair

29.04.2021

 

Bei einer bestimmungsgemäßen Anwendung entsprechend der Gebrauchsanweisung des Herstellers/Anbieters ist nach unserer Einschätzung - für die sich selbst testende Person - weder eine inhalative noch eine dermale Exposition gegenüber den Inhaltsstoffen der Extraktionspufferlösung gegeben. Insgesamt schätzen wir die Gefährdung und das ggf. mögliche Gesundheitsrisiko als sehr gering ein.  Eine Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung ist daher nicht erforderlich (vergleiche Technische Regeln für Gefahrstoffe „Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen – TRGS 400“ Nummer 6.2 (4) und (7) sowie Nummer 8 (6).

Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Der Nutzen der COVID-19 Antigen-Tests ist nach unserer Auffassung größer als die Risiken. Die Verwendung solcher Selbsttests halten wir daher auch bei Schülerinnen und Schüler - gegebenenfalls unter Aufsicht und Anleitung eines Erwachsenen - als Baustein zur Eindämmung der

SARS-CoV-2-Pandemie für sehr sinnvoll, da Personen die stark ansteckend sind rasch erkannt werden können.

Rechtslage

Am 23.04.2021 ist das vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite geänderte Infektionsschutz-gesetz in Kraft getreten.

Entsprechend dem Gesetz [§ 28 b (3) und (9)] ist die Durchführung von Präsenzunterricht an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in allen Bundesländern vorerst nur noch zulässig bei Einhaltung angemessener Schutz- und Hygienekonzepten (Maske, Abstand, Lüften und verpflichtende Testungen).

Zwingende Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht von Schülerinnen und Schüler sowie von Lehrkräften ist die Durchführung eines anerkannten Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 - mindestens zweimal in der Woche.

Am 22.04.2021 hat das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen (OVG) hat einen Eilantrag von Schülern gegen die Testpflicht an Schulen abgelehnt. Nach Auffassung des 13. Senats ist die vom Land vorgegebene Pflicht beim derzeitigen Stand des Infektionsgeschehens in der Corona-Pandemie eine verhältnismäßige Schutzmaßnahme. Begründet wurde die Entscheidung insbesondere vor dem Hintergrund der erhöhten Infektionsgefahr durch das Auftreten der leichter übertragbaren Virusvarianten. Der Beschluss ist nicht anfechtbar (Az.: 13 B 559/21.NE).

Bewertung der Gefährdung und des Gesundheitsrisikos bei der Anwendung der COVID-19 Antigen–Tests durch die Unfallkasse NRW 

Die Sorgen der Eltern werden seitens der Unfallkasse UK NRW sehr ernst genommen. Der Verunsicherung beim bzw. nach dem Lesen des Sicherheitsdatenblattes der COVID-19 Antigen-Tests möchten wir gerne Rechnung tragen.

Aus Sicht der Unfallkasse NRW stellt sich der Sachverhalt zusammenfassend wie folgt dar:

1.    Das „Deutsche bzw. Europäische Gefahrstoffrecht“ ist recht komplex und sehr formal gestaltet und inzwischen selbst für Fachleute zunehmend schwer nachzuvollziehen.

2.    Ein Risiko bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ergibt sich grundsätzlich aus zwei Komponenten. 1. Die gefährliche Eigenschaft des Gefahrstoffes an sich und 2. die Wahrscheinlichkeit des Wirksamwerdens aufgrund der verwendeten Mengen und der Verwendungsbedingungen. Auf die Pufferlösung der Tests bezogen bedeutet das, dass der Pufferlösung zwar eine sehr geringe Gefahr innewohnt, aber auf Grund der geringen Menge nur ein sehr geringes Risiko besteht. Daher kann auch Schülerinnen und Schüler - nach Einschätzung von Gefahrstoff-Experten - die bestimmungs- gemäße Verwendung zugemutet werden.

3.    Die GHS-Einstufungen in den Sicherheitsdatenblättern (z.B. H 317 und H 319) sind darauf abgestimmt, dass Beschäftigte mit relevanten Mengen des Stoffes über einen längeren Zeitraum entsprechende Tätigkeiten durchführen, bei denen sie auf Grund der verwendeten Mengen und der Verarbeitungsbedingungen relevante Mengen des Stoffes aufnehmen können. Eine hautsensibilisierende Wirkung eines Inhaltsstoffes der Pufferlösung kann allerdings nicht wirksam werden, wenn das Proben-röhrchen des Testes nur kurze Zeit geöffnet wird. Selbst wenn man dabei einmal einen Tropfen auf die Haut bekommt, wird dies nicht zu einer Sensibilisierung führen, wenn man sich unmittelbar danach die Hände wäscht.

4.    Auf dem Markt sind (auch) COVID-19 Antigen-Tests erhältlich, die entsprechend der Gefahrstoffverordnung vom Hersteller wie folgt gekennzeichnet sind: Gefahrenpiktogramm:  Signalwort: „Achtung“

Die Gefahr derart gekennzeichneter Antigen-Tests kann man ungefähr vergleichen mit der Gefahr bei der Anwendung von Handspülmitteln oder Geschirrspültabs. Diese enthalten auch gefährliche Stoffe. In sehr niedrigen Konzentrationen sind weder diese Stoffe für sich betrachtet noch die Pufferlösung des Tests als Ganzes entsprechend der einschlägigen Normen und Richtlinien als gesundheitsgefährdend oder toxisch einzustufen. Warum zum Beispiel im Sicherheitsdatenblatt eines Herstellers die Einschränkung „Nur für gewerbliche Anwender“ steht, ist für uns nicht nachvollziehbar. Dieser Satz wird eigentlich nur bei KMR-Stoffen verwendet, nicht aber bei sensibilisierenden Stoffen.

5.    Die ggf. in dem Sicherheitsdatenblatt angegebenen Schutzmaßnahmen (z.B. Tragen einer Schutzbrille, Schutzhandschuhe, etc.) beziehen sich auf die Verwendung größerer Mengen des Stoffes und sind für solche geringen Mengen – wie sie in den Selbsttests vorhanden sind -  nicht relevant. Kurzum: Im Rahmen von Selbsttests halten wir das Tragen von Persönlicher Schutzausrüstung bei der sich selbst testenden Person für nicht erforderlich.

6.    Eine Gefahr könnte ggf. bei falscher Anwendung bestehen. Beispielweise: Wenn man erst den Wattetupfer in die Lösung taucht und dann nochmals in die Nase geht oder auf diese Weise einen Tropfen in das Auge bekommt. Dann könnten die Schleimhäute gereizt werden, was unangenehm, aber nicht besonders tragisch ist, denn die Reizwirkung ist reversibel. Gegebenenfalls sollte man in diesem Fall unmittelbar einen Arzt um Rat bitten bzw. aufsuchen.

7.   Anwendungsstudien eines (uns) bekannten Herstellers/Anbieters haben z.B. gezeigt, dass die Eigenanwendung durch Kinder mindestens ab einem Alter von 12 Jahren sicher und ohne erhöhtes Risiko möglich ist. Diese Studien liegen dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vor und waren – soweit uns bekannt - auch Grundlage der letzten Entscheidung des BfArM, im Rahmen einer Sonderzulassung eine Eigenanwendung durch Kinder ab 12 Jahren zu genehmigen. Für jüngere Kinder – also unter 12-Jährige – wird seitens des Herstellers in der Gebrauchsanweisung unter anderem darauf hingewiesen, dass der Test entsprechend der Sonderzulassung nicht allein, sondern unter Anleitung und Überwachung eines Erwachsenen durchgeführt werden sollte. Jüngere Kinder sollten gemäß den Empfehlungen des Herstellers den Test nur unter Aufsicht eines Erwachsenen durchführen, um falsche Testergebnisse infolge nicht sachgemäßer Testdurchführung zu vermeiden und bei jüngeren Kindern möglicherweise bestehenden Restrisiken des versehentlichen Trinkens der Pufferflüssigkeit oder des Verschluckens von Kleinteilen zu begegnen.